Die Menschmaschine, die uns dominiert und zugrunde richtet, geistert seit Jahrhunderten durch die Phantasien der Menschen. So wirklich sind wir ihr bisher jedoch nicht begegnet. Und die bisherigen Versuche, eine intelligente Maschine zu bauen haben nicht – oder nur in Teilbereichen – funktioniert. Das ändert sich nun! Ein Team von der Cambridge University (GB) und der Stanford University (Kalifornien) beschreibt in seinem Paper „Computer-based personality judgments are more
accurate than those made by humans“, wie sein Algorithmus Menschen besser einschätzen kann, als zum Beispiel Freunde oder LebenspartnerInnen. Und das ist erst der Beginn!
Die Geschichte der künstlichen Intelligenz ist schon ziemlich lang und hat die Wissenschaft wie auch die Literatur und die Populärkultur gleichermassen fasziniert. Einer, der sehr viel darüber nachgedacht hat, war Alan Turing (1912 – 1954). Er hat sich nämlich nicht nur mit dem Knacken der deutschen Chiffrier-Maschine „Enigma“ beschäftigt und so einen wichtigen Beitrag zur Beendigung des zweiten Weltkriegs geleistet. (Die Verfilmung dieser Geschichte, „The Imitation Game„, läuft im Moment grad im Kino.) Turing hat mit dem theoretischen Konzept einer universellen Rechenmaschine einen fundamentalen Beitrag zur theoretischen Informatik und zur Mathematik geleistet und die Idee der künstlichen Intelligenz massgeblich beeinflusst. Er hat mit seiner Turing Maschine (TM) bewiesen, dass es innerhalb der Mathematik – uns somit in jedem formalen System – Aussagen gibt, von denen man nicht entscheiden kann, ob sie wahr oder falsch sind. (In der Alltagssprache ist der Satz „Ich lüge immer!“ eine solche Aussage.) Dass es solche Konstrukte auch in der strengen Mathematik gibt, war damals eine Sensation. Zwar hat der Mathematiker Kurt Gödel das nach ihm benannte Unvollständigkeits-Theorem bewiesen. Doch mit der Konstruktion der TM hat Turing nicht nur Gödels Satz auf überaus elegante Weise bewiesen, sondern gleich auch noch ein universelles Modell für Berechenbarkeit geliefert, das bis heute Gültigkeit hat. Alles, was mit einem beliebigen Computer berechenbar ist, ist auch mit einer TM berechenbar. Und alles, was mit einer TM nicht berechenbar ist, ist auch sonst auf keinem (deterministischen) Computer berechenbar.
Wegbereiter der künstlichen Intelligenz
Facebook-Likes verraten die Person
Diese ferne Zukunft hat am 2. Dezember 2014 begonnen! An diesem Tag wurde das Paper „Computer-based personality judgments are more accurate than those made by humans“ veröffentlicht. Darin beschreibt ein Team vom Psychologie Departement der Cambridge University (GB) und der Stanford University (Kalifornien), wie ihr Algorithmus aufgrund von einigen Facebook-Likes einen Fragebogen mit 100 Items zu einer Person genauer ausfüllen kann als beispielsweise deren Arbeitskolleginnen oder Freunde. Kennt der Algorithmus mehr als 227 Likes einer Person schlägt er sogar die Lebenspartnerin oder den Lebenspartner im Fragebogen-Test!
Alan Turing hat seinerzeit ein Verfahren vorgeschlagen, wie man prüfen kann, ob einer Maschine Intelligenz attestiert werden kann: Wenn die maschinellen Resultate in einem Test nicht von den Resultaten eines Menschen unterscheidbar sind, dann gilt die Maschine als intelligent. In vielen Bereichen ist der Test natürlich Mumpitz. Selbstverständlich kann ein Computer schneller und genauer Rechnen als ein Mensch. Aber gilt er deswegen als intelligent?
Aber seit zwei Monaten hat sich die Ausgangslage grundlegend geändert. Was, wenn nicht das Einschätzen, Beurteilen einer anderen Person, kann sonst als jener Teil der menschlichen Intelligenz gelten, der uns von Maschinen unterscheidet? Eine Maschine, die das kann, ist für mich intelligent.
Mag sein, dass der Mensch ist vielleicht doch nicht das komplizierte Wesen, als das wir uns selbst gerne sehen. Aber die Leistung der Forschenden, die dieses Paper geschrieben, ist nicht zu unterschätzen.