Horizon Report 2017 auf Deutsch

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Seit dem 07.06.2017 liegt der Horizon Report 2017 auf Deutsch vor. Das Multimedia Kontor Hamburg hat die Hochschulausgabe bereits zum neunten Mal übersetzt. Neu wird der Report als responsive Webversion präsentiert. Diese Trendstudie thematisiert sechs Schlüsseltrends, sechs neue Herausforderungen und sechs wichtige Entwicklungen mit Relevanz für Lehre, Lernen und For­schung.

Im Zentrum stehen die folgenden Fragen:

  • Wie werden sich Hochschulen in den kommenden fünf Jahren weiterentwickeln?
  • Welche Trends und Technologieentwicklungen werden Veränderungsprozesse in der Lehre antreiben?
  • Was sind dabei die besonderen Herausforderungen?
  • Wie können wir Strategien für effektive Lösungen entwerfen?

Der Schwerpunkt liegt dieses Jahr auf dem Lernen und auf den Lernenden. In den zehn Punkten der Zusammenfassung heisst es: „Online-, Mobile- und Blended Learning werden als selbstverständlich vorausgesetzt.“ Das Unterstützen fortschrittlicher Lernansätze erfordere eine neue Kultur, die Austausch und Zusammenarbeit fördert und Innovationen in der Lehre belohnt, mit dem Fokus auf dem studentischen Erfolg. Dazu gehören Bezüge zur realen Welt, Berufsorientierung und praktische Kompetenzen. 

Im Folgenden stelle ich die Schlüsseltrends mit kurzen Zitaten vor.

 

1. Schlüsseltrends

Langfristige Trends
  • Beförderung von Innovationskulturen

    Hochschulen werden zunehmend als Innovationstreiber betrachtet. Deshalb müssen sie so strukturiert sein, „dass Kreativität und unternehmerisches Denken konsequent betrieben werden, aber gleichzeitig Freiräume gewährt werden können.“ Wenn Bildungseinrichtungen Kulturen des Ausprobierens und Erforschens unterstützen, müssen sie das Scheitern als wichtigen Teil des Lernprozesses akzeptieren.

  • Deeper-Learning-Methoden

    Deeper Learning ist eine Unterrichtsmethode, „die kritisches Denken, Problemösen, Zusammenarbeit und selbstbestimmtes Lernen fördert.“ Dazu gehört das problembasierte Lernen, „bei dem Studierende reale, aktuelle Problemstellungen lösen, und das projektbasierte Lernen, bei dem sie komplette Produkte erarbeiten.“

Mittelfristige Trends
  • Zunehmender Fokus auf der Messung von Lernprozessen

    Dieser Trend kennzeichnet das Interesse am Assessment. „Gesellschaftliche und ökonomische Faktoren geben vor, welche Fähigkeiten in der heutigen Arbeitswelt verlangt werden. Daher müssen Colleges und Universitäten überdenken, wie Kompetenzerwerb und Soft Skills, z. B. Kreativität und Teamarbeit, in einem Studienfach definiert, gemessen und belegt werden können.“ Dazu gehören Lernumgebungen, die Learning Analytics und Visualisierungssoftware einsetzen.

  • Neugestaltung von Lernräumen

    Neue Lehr- und Lernformen erfordern auch neue physische Lernräume: Diese werden zunehmend so designt, „dass sie projektbasierte Interaktionen unter Einbeziehung von erhöhter Mobilität, Flexibilität und der Verwendung diverser Endgeräte ermöglichen.“ Dazu gehören Breitband-LAN und grosse Displays, dynamische Räumlichkeiten, Telepräsenzräume mit Kameras und einem Kontrollraum und informelle Aufenthaltsbereiche. Im Kontext der Erfahrungen mit Makerspaces erweitern viele Universitäten ihr Angebot mit modernen Tools wie Virtual-Reality-Equipment, digitaler Schnittsoftware und 3D-Druckern.

Kurzfristige Trends
  • Blended-Learning-Designs 

    „Online-Lernen wird zunehmend positiv gesehen, da mehr und mehr Lernende und Lehrende es als nützliche Ergänzung zur Präsenzlehre betrachten. (…) Viele Ergebnisse zeigen eine Zunahme des kreativen Denkens, des Selbststudiums und der Möglichkeiten für Studierende, den Lernprozess auf ihre individuellen Bedürfnisse abzustimmen.“ Etwa mit adaptivem Lernen, Flipped Classroom und Online-Lernmodulen.

  • Kollaboratives Lernen

    Kollaboratives Lernen bezeichnet „die Zusammenarbeit von Studierenden oder Lehrenden in Peer-to-Peer- oder Gruppenkonstellationen und basiert auf der Ansicht, dass Lernen ein soziales Konstrukt ist. Die Methode beruht im Allgemeinen auf vier Prinzipien: Lernendenzentrierung, Interaktion, Gruppenarbeit und Lösung von realen Problemen.“ Kollaborative Aktivitäten können „zu analytischem Denkvermögen, höherem Selbstwertgefühl und besseren Führungskompetenzen führen.“ Studierende lernen nicht nur von ihren Lehrenden, sondern auch voneinander. Dazu gehört insbesondere das Geben und Annehmen von Feedback unter Gleichgesinnten.

2. Herausforderungen

Bezwingbare Herausforderungen
  • Zusammenführung von formellem und informellem Lernen

    „Durch das Internet und mobile Endgeräte können wir heute jederzeit und überall lernen. Zudem wächst das Interesse am selbstbestimmten, interessensgesteuerten Lernen. Diese und andere, beiläufigere Lernformen sowie die tägliche Lebenserfahrung, sind informelles Lernen und erhöhen die Motivation der Lernenden dadurch, dass sie ihren eigenen Interessen nachgehen. Experten sind der Auffassung, dass eine Zusammenführung von formellen und informellen Lernmethoden ein Bildungsumfeld schaffen kann, das Experimentierfreude, Neugier und Kreativität fördert. Ein übergeordnetes Ziel ist es, den Gedanken des lebenslangen Lernens unter Studierenden und Lehrenden zu kultivieren.“

  • Verbesserung der Digital- und Medienkompetenz

    „Moderne Arbeitsweisen, die entscheidend für den Erfolg am Arbeitsplatz und darüber hinaus sind, sind geprägt durch den produktiven und innovativen Einsatz von Technologien. Digital- und Medienkompetenz bedeutet über den Erwerb technischer Fertigkeiten hinaus ein tieferes Verständnis der digitalen Umgebung. Sie befähigt zur intuitiven Anpassung an neue Kontexte und zur gemeinsamen Erstellung von Inhalten mit anderen. Bildungseinrichtungen müssen die digitalen Kompetenzen ihrer Studierenden fördern und sicherstellen, dass sie verantwortungsvoll und angemessen mit Technologien umgehen können.“

Schwierige Herausforderungen
  • Die Leistungskluft

    „Auch wenn neue technologische Entwicklungen wie digitale Lernwerkzeuge und Open Educational Resources (OER) das Lernen erleichtern, so bestehen doch weiterhin erhebliche Probleme bezüglich Hochschulzugang und Gleichberechtigung für Studierende aus finanzschwachen Haushalten, Minderheiten, Ein-Eltern-Familien und anderen benachteiligten Gruppen.“

  • Förderung der digitalen Gleichberechtigung

    „Digitale Gleichberechtigung bezieht sich auf den ungleich verteilten Zugang zu Technologie, insbesondere Breitband-Internet. (…) Dies muss sich ändern. (…) „Online-Lernen wird durch einen leistungsstarken Internetzugang unterstützt, und durch OER können Studierende Kosten sparen.“

Komplexe Herausforderungen
  • Neue Rolle(n) der Lehrenden

    „Von Lehrenden wird zunehmend erwartet, dass sie eine Vielfalt an Technologien einsetzen, z.B. digitale Lernressourcen und -werkzeuge, und sich in Online-Diskussionen und kollaborativen Forschungsarbeiten engagieren. Darüber hinaus sollen sie aktive Lehrmethoden wie projekt- und problembasiertes Lernen umsetzen. Diese Verlagerung zum studierendenzentrierten Lernen erfordert, dass sie als Mentoren und Wegbereiter fungieren.“

  • Der richtige Umgang mit Wissensverschleiß

    „In einer Welt, in der die unterschiedlichen Lernbedürfnisse ebenso wie Software und Endgeräte sich rasant weiterentwickeln, ist es eine komplexe Herausforderung für Lehrende, stets organisiert und auf dem Laufenden zu bleiben.“ (…) „Ein zusätzlicher Druck besteht darin sicherzustellen, dass die ausgewählten Tools tiefergehende Lernprozesse unterstützen, die sich auch messen lassen.“

3. Wichtige Entwicklungen

Zeithorizont: ein Jahr oder weniger
  • Adaptive Lerntechnologien

    „Adaptives Lernen ist Teil des Trends zum personalisierten Lernen und hängt eng mit Learning Analytics zusammen. Es bezieht sich auf die Technologien, die studentische Lernfortschritte überwachen und anhand der gewonnenen Daten den Unterricht jederzeit modifizieren können.“

  • Mobiles Lernen

    „Die Allgegenwart mobiler Endgeräte verändert die Art und Weise, wie Menschen auf Informationen zugreifen und mit Inhalten umgehen. (…) Lehrende nutzen die Möglichkeiten von Mobilgeräten für Deeper Learning durch neue Wege, über die die Studierenden sich mit dem Unterrichtsstoff auseinandersetzen können.“

Zeithorizont: zwei bis drei Jahre
  • Internet der Dinge (IoT)

    „Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) besteht aus Gegenständen, die durch eingebaute Prozessoren oder Sensoren in der Lage sind, wie ein kleiner Computer Informationen an Netzwerke zu übertragen. (…) Vernetzte Geräte generieren studierendenbezogene Daten über Lernverhalten und Campusaktivitäten, nach denen die Auslieferung von Lerninhalten und die institutionelle Planung ausgerichtet werden können. Mit Zunahme der smarten Geräte auf dem Campus müssen die Hochschulen die Implikationen für Datenschutz und Sicherheit prüfen.“

  • Next-Generation-LMS

    „Lernmanagementsysteme (LMS) oder virtuelle Lernumgebungen bezeichnen eine Kategorie von Software- und Internetapplikationen, die die Online-Auslieferung von Unterrichtsmaterialien sowie das Tracking und Reporting der studentischen Beteiligung ermöglichen. (…) Einige Vorreiter sind jedoch der Auffassung, dass LMS nur begrenzt leistungsfähig und zu eng auf die Verwaltung von Lernen statt auf das Lernen selbst fokussiert sind. (…) Next-Generation-LMS (…) stehen für flexiblere Orte, die die Personalisierung unterstützen, universelle Designstandards erfüllen und eine größere Rolle in formativen Lernassessments spielen.“

Zeithorizont: vier bis fünf Jahre
  • Künstliche Intelligenz

    „Auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI bzw. Artificial Intelligence, AI) werden die Fortschritte der Computerwissenschaft eingesetzt, um intelligente Maschinen zu erschaffen, die in ihren Funktionen immer mehr dem Menschen ähneln. (…) Durch die fortschreitende Entwicklung der zugrunde liegenden Technologien kann KI Online-Lernen, adaptive Lernsoftware und Forschungsprozesse derart verbessern, dass sie intuitiver auf die Lernenden reagieren und sie stärker involvieren.“

  • Natürliche Benutzerschnittstellen

    „Geräte, die über natürliche Benutzerschnittstellen (Natural User Interface, NUI) verfügen, verarbeiten Eingaben in Form von: Antippen, Wischen und anderen Berührungen; Hand- und Armbewegungen; Körperbewegungen; und zunehmend auch natürlicher Sprache. (…) Darüber hinaus eröffnen Entwicklungen in der haptischen Technologie – taktile Signale, die Informationen an den Nutzer übertragen – neue Bereiche der wissenschaftlichen Forschung und Einsatzmöglichkeiten in der Bildung.“

Wichtige lehr-/lerntechnologische Entwicklungen

Hier werden in sieben Kategorien Technologien, Tools und Strategien aufgezeigt, die Lehre, Lernen und kreative Forschung verbessern können:

  • Consumer-Technologien sind „Tools, die für Freizeit und Arbeit entwickelt wurden, jedoch nicht, jedenfalls nicht ursprünglich, für Lehre und Lernen“. Zum Beispiel: Drohnen, Robotik und Wearables.
  • Digitale Strategien bezeichnen „die Art und Weise, wie Geräte und Software eingesetzt werden, um Lehre und Lernen zu optimieren. (…) Effektive digitale Strategien können sowohl für das formelle als auch für das informelle Lernen genutzt werden.“ Zum Beispiel: Makerspaces und Location Intelligence.
  • Enabling-Technologien „erweitern das Spektrum unserer Geräte; sie machen sie leistungsfähiger und nützlicher.“ Zum Beispiel: künstliche Intelligenz, Big Data, flexible Displays.
  • Internet-Technologien „beinhalten die Techniken und erforderlichen Infrastrukturen, die die Technologien, die der Internet-Nutzung zugrunde liegen, transparenter, reibungsloser und einfacher bedienbar machen.“ Zum Beispiel: Blockchain, digitale Wissenschaft, Internet der Dinge (IoT).
  • Lerntechnologien sind „Technologien, die das Lernen, ob formell oder informell, verändern, indem sie es breiter zugänglich machen und personalisieren.“ Zum Beispiel: adaptive Lerntechnologien, mobiles Lernen, Next-Generation-LMS.
  • Social-Media-Technologien sind zwar etabliert, entwickeln sich aber „in einem äußerst schnellen Tempo weiter. Laufend gehen neue Ideen, Tools und Entwicklungen online.“ Zum Beispiel: Crowdsourcing, digitale Identität, virtuelle Welten.
  • Visualisierungstechnologien sind „eine wachsende Gruppe von Tools und Prozessen, mit denen große Datensätze erhoben und dynamische Prozesse untersucht werden können sowie generell Komplexes vereinfacht werden kann.“ Zum Beispiel: 3D-Druck, Informationsvisualisierung, Virtual Reality.

 

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2 Kommentare

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