OneNote kann im Unterricht ganz schön praktisch sein. Was aber Microsoft seit einigen Jahren mit diesem Programm bietet, ist kaum zu ertragen. Es gibt drei Versionen von OneNote allein für Windows. Sie heissen alle fast gleich, bieten aber überhaupt nicht die gleichen Features. Wer Anfängern das Programm erklären möchte, kommt in diesem Versionen-Chaos schnell an die Grenzen. Abhilfe täte dringend Not – ist aber leider überhaupt nicht in Sicht.
Mit der kurzen Anweisung „Jetzt öffnet mal OneNote!“, beginnt in BYOD-Klassen das Chaos. Die einen gehen über eine Browser auf OneNote Online. Andere öffnen über die Windows-Taste das erst beste Programm, das irgendwie nach OneNote aussieht – für die einen bedeutet dies OneNote, für die anderne OneNote 2016.
Auf Leserinnen und Leser, die noch nie mit OneNote zu tun hatten, mag obiger Abschnitt absurd erscheinen. Alle anderen wissen, wovon hier die Rede ist. Es gibt drei komplett unterschiedliche Versionen vom gleichen Programm „OneNote“. Und die drei Versionen heissen zu allem Übel auch noch fast gleich.
Es gäbe die Möglichkeit, OneNote als „App“ zu bezeichnen – im Gegensatz natürlich zu OneNote 2016, das man als „Programm“ sehen könnte. Doch leider bezeichnet Microsoft selbst OneNote 2016 als „Desktop-App“ und OneNote als „App“. Wer seine Nutzer auf eine Treue-Probe stellen möchte, muss genau so vorgehen, wie das Microsoft in diesem Bereich tut! Umgangssprachlich handelt es sich hierbei eindeutig um „höheren Blödsinn“.
Finde die zehn Unterschiede
Leider ist es auch nicht so, dass man sich auf eine der drei Versionen beschränken könnte, weil sie alle Features bietet, die man im Alltag braucht. Denn die sehr grosse Liste an Funktionen, die OneNote bietet sind wild auf die zwei installierten Versionen verteilt. Allein auf OneNote Online kann man getrost verzichten, weil diese Version für die Bearbeitung von Notizbüchern unpraktisch bis unbrauchbar ist – mindestens wenn man mehr als nur Text und ein paar Bilder festhalten möchte.
Damit sich ein Bild des Chaos‘ machen kann, das Microsoft veranstaltet, versuche ich hier eine kleine Liste von Features aufzuzählen und in welcher Version sie implementiert sind.
Feature | OneNote 2016 | OneNote |
Text-Eingabe mit Stift | ja | ja |
Mathematik Eingabe mit Editor | ja | nein |
Mathematik Handschrift erkennung | ja | ja |
Darstellung mathematischer Formeln als Funktionen | nein | ja |
Lösen von mathematischen Gleichungen | nein | ja |
Virtuelles Lineal für schönere Zeichnungen | nein | ja |
Bildschirm-Ausschnitt einfügen | ja | nein |
Zuschneiden eines eingefügten Bildes | ja | nein |
Recherche einfügen | nein | ja |
Text-Erkennung in eingefügten PDFs | ja | nein |
Diese Liste ist überhaupt nicht abschliessend. Sie umfasst lediglich ein paar Funktionen, die ich beim Erstellen von und Arbeiten mit Notizbüchern regelmässig brauche.
Abgesehen davon ist die Darstellung der Notizbüchern in beiden Versionen sehr unterschiedlich. Sehr oft fragen mich Schülerinnen und Schüler, wo sie was finden. Denn das, was sie auf ihrem eigenen Bildschirm sehen, unterscheidet sich stark von dem, was ich am Beamer präsentieren, wenn sie und ich nicht die gleiche Version von OneNote nutzen.
Schwierige Schulung für Anfänger
Diese Umstände machen die Einführung in die Benutzung von OneNote sehr schwierig. In unzähligen Kursen für Lehrpersonen habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Anfängerinnen und Anfänger schnell überfordert sind. Man muss ihnen als Erstes erklären, dass es verschiedene Versionen gibt, die weder gleich aussehen noch die gleichen Funktionalitäten bieten. Man muss ihnen erklären, dass die beiden Versionen gleich heissen und sich namensmässig nur darin unterscheiden, dass die eine noch den Zusatz „2016“ hat.
Wenn man dann den Kursteilnehmenden ein Notizbuch zur Verfügung stellt und sie versuchen, es mit einem Doppelklick zu öffnen, startet das auf dem Computer vorgesehene Standard-Programm – bei den einen ist dies OneNote 2016 bei den anderen OneNote. Und das Chaos beginnt von vorn. Für die Kursteilnehmenden ist das sehr frustrierend, weil sie stets den Eindruck haben, selbst etwas falsch zu machen. Dabei hat sich bei ihnen nur grad die „falsche“ OneNote-Version geöffnet. Den Unterschied zu erkennen, ist für AnfängerInnen sehr schwierig.
Wie weiter?
Microsoft hat angekündigt, dass die Version „OneNote 2016“ nicht mehr weiter entwickelt wird. Auch wird es keine Version „OneNote 2019“ geben, sondern nur noch die OneNote App für Windows 10. Wer Lust hat, kann im Moment Features für das zukünftige OneNote vorschlagen.
Das ist aus meiner Sicht kompletter Humbug. Ich möchte keine halbfertigen Produkte im täglichen Einsatz. Ich möchte nicht jedes Mal, wenn ich ein Programm öffne, neue Features und Funktionalitäten. Ich möchte nicht dauernd ändernde Arbeitsabläufe beim Einsatz einer Software. Ich möchte keine Spielzeug-Software, mit der ich fancy Bildeffekte machen und unausgereifte Funktionalitäten testen kann. Ich möchte ein porfessionelles Produkt, das mir im beruflichen Alltag hilft, Inhalte mit meinen Schülerinnen und Schülern und mit meinen Kolleginnen und Kollegen zu erstellen, zu bearbeiten und zu teilen. Wenn das Microsoft nicht gelingt, werde ich mich nach einer Alternative umsehen müssen.
Ja, das Versionen Wirrwarr nervt wirklich. Mir fehlt z.B. am meisten die Funktion Ausdrucken in OneNote, die nur in der 2016er Version funktioniert. Ob sich allerdings so leicht eine Alternative finden lässt, wage ich zu bezweifeln. Die Vorteile von OneNote überwiegen doch, z.B. die Einbindung aller Verteiler beim Erstellen eines ClassNotebooks oder das ClassNotebook generell.
Ich versuche die ganze Sache möglichst pragmatisch zu handhaben und so viel wie möglich mit der Windows10 Version zu arbeiten, regelmässig muss ich dann halt ausweichen.
Im Windows Store kann man „Send to OneNote“-App herunterladen. Dann kann man auch in die OneNote W10-App drucken. In meinen Augen ist dies ein Feature, das zwingend integriert werden müsste!
Ich halte es genau gleich. Ich arbeite hauptsächlich mit OneNote für Windows 10. Die letzten Wochen habe ich jedoch wieder neue Klassen erhalten und wollte eine kurze Einführung in OneNote machen. Die verschiedenen Versionen macht die Sache wirklich sehr anspruchsvoll.
Ich könnte ja noch damit leben, wenn es eine Entwicklung in eine Richtung gäbe. Will heissen, wenn die neueren Versionen alle Features der älteren implementieren plus ein paar neue dazu. Dass aber sehr gute Funktionen der älteren Version in der Windows 10 App nicht vorhanden sind, finde ich schon gar nicht gut.
Leider haben Sie schon recht: Eine Alternative sehe ich auch nicht. Na ja. Vielleicht hilft ja das öffentliche Zähneknirschen in diesem Blog.