Digitale Prüfungstools – Eine Übersicht

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Wer Online-Prüfungen durchführen will, steht vor der Qual der Wahl. Welches ist die beste Plattform für die eigenen Bedürfnisse? In diesem Post beschreibe ich fünf gängige Plattformen mit ihren Vor- und Nachteilen. Am Ende gibt es eine detaillierte Übersicht über alle fünf Tools.

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Dieser Post basiert auf der Vorarbeit eines Teams von fünf Expert:innen, das in den letzten Monaten im Rahmen von FORMI, der Fortbildungsplattform für Mittelschul-Lehrpersonen des Kantons St.Gallen, mehrere Kurse angeboten hat. In diesem Kurs haben wir fünf Prüfungstools samt einem detaillierten Vergleich präsentiert.

Wie funktionieren Online-Tests?

Digitale Prüfungstools ermöglichen es, dass die Lehrperson Fragen in einer Online-Plattform verfasst und diese zu einer Prüfung zusammenfasst. Die Schüler:innen haben dann die Möglichkeit, an ihrem eigenen Computer, die Fragen zu beantworten. Zum Beispiel durch ankreuzen der richtigen Antwort oder durch Schreiben einer ausführlichen eigenen Antwort. Darüber hinaus gibt es noch unzählige weitere Möglichkeiten, gestellte Fragen zu beantworten.

Als Voraussetzung für die Durchfühung von sicheren Online-Prüfungen, betrachte ich in diesem Post den Einsatz des Safe Exam Browsers (SEB), der von der ETH Zürich entwickelt worden ist. Er versetzt den Computer der Schüler:innen in einen Kioskmodus und verhindert alle Aktionen, die nicht im Zusammenhang mit dem Ausfüllen der Prüfung stehen. Er unterbindet alle Chat-Möglichkeiten, das Besuchen anderer Webseiten sowie den Zugriff auf lokal gespeicherte Dateien. Sämtliche vorgestellte Plattformen können im Zusammenspiel mit dem SEB eingesetzt werden.

Classtime drängt sei einigen Jahren  sehr erfolgreich auf den Markt. Es wird von einem recht jungen Team in Zürich entwickelt und von dort aus vertrieben.

Bei Classtime erfasst die Lehrperson Aufgabensammlungen zu verschiedenen Themen und fasst dann Aufgaben zu „Sessions“ zusammen. Dabei handelt es sich um Prüfungen, die den Schüler:innen über einen Code freigegeben werden.

Der grosse Vorzug von Classtime gegenüber anderen Anbietern ist die automatische Korrektur, die man bereits während der Durchführung der Prüfung vornehmen kann. Dabei werden bei Aufgaben mit offenen Eingabefeldern alle gleichen und ähnlichen Antworten auf einmal korrigiert. Man muss also nicht alle einzeln durchgehen. Multiple-Choice, Lückentexte und andere Aufgaben mit eindeutigen Lösungen werden ohnehin ohne Zutun der Lehrperson automatisch korrigiert.

Vorteile

  • Viele verschiedene Aufgabentypen
  • Automatsiche Korrektur der Aufgaben
  • Aufgaben können mit anderen Lehrpersonen geteilt werden
  • Schüler:innen benötigen keinen Account und müssen sich nicht einloggen
  • Sehr schneller und guter Support
  • Auch für formative Lernsessions sehr gut geeignet

Nachteile

  • Keine Unterstützung der Eingabe mit Stift
  • Keine mathematische Formeleingabe in Antworten
  • Relativ teuer

Kosten

Classtime kostet als Einzellizenz ab 60 Fr. pro Jahr.

Für Schulen und Institutionen gibt es separate Lizenzen. Dort kostet eine Lehrerlizenz ca. 80 Fr. pro Jahr.

Kosten für 50 LP-Lizenzen: 4000 Fr. pro Jahr.

istest wurde vom Romanshorner Gymnasiallehrer, Jürg Widrig, entwickelt. istest verfügt über eine unglaubliche Fülle an verschiedenen Aufgabentypen. Zudem gibt es eine riesige Sammlung an Aufgaben, in denen man selbst schmökern kann. istest ist eine der meistverbreiteten Plattformen an Gymnasien in der Schweiz.

Bei istest benötigt jede:r Schüler:in einen eigenen Account. Alle diese Accounts müssen von einem Schuladministrator von Hand gepflegt und ajour gehalten werden.

Die grafische Oberfläche von istest ist ziemlich kompliziert, und die Bedienung erschliesst sich einem nicht auf Anhieb. Abhilfe schaffen zweitägige Kurse, die der Entwickler,  Jürg Widrig, selbst anbietet. An diesen zeigt er, wie istest für Online-Prüfungen und adaptive Tests eingesetzt werden kann.

 

Vorteile

  • Sehr viele verschiedene Aufgabentypen
  • Automatische Korrektur der Fragen mit eindeutigen Antworten
  • Riesige Sammlung an Fragen, die allen Benutzer:innen zur Verfügung stehen
  • Unterstüzung der Eingabe mit einem Stift

Nachteile

  • Schüler:innen benötigen ein eigenes Login
  • Schüler-Datenbank muss von Hand gepflegt werden
  • Sehr umständliche und konterintuitive Benutzeroberfläche
  • Schlechte Akzeptanz bei den Schüler:innen

Preis

100 Fr. Grundgebühr für die Schule. Zusätzlich 50 Fr. pro Jahr für jede aktive Lehrperson.

Kosten für 50 LP-Lizenzen: 2600 Fr. pro Jahr

Examiner ist ein relativ junges Angebot, das in St.Gallen entwickelt wird. Der grosse Vorzug von Examiner ist, dass es auch ohne den SEB einsetzbar ist und trotzdem sehr sicher ist. Auch bei Examiner werden Aufgaben einzeln erfasst und diese dann zu Prüfungen zusammengestellt.

Aufgaben werden innerhalb einer Fachgruppe erfasst und dort auch untereinander geteilt.

Vorteile

  • Sicherer Prfüungsmodus auch ohne SEB
  • Organisation der Fragen in Fachgruppen
  • Automatische Korrektur der Fragen mit eindeutigen Antworten

Nachteile

  • Relativ teuer
  • Keine Unterstützung von mathematischen Formeln innerhalb von Fragen.
  • Keine Formeleingabe in Antworten
  • Keine Eingabe mit Stift möglich
 
 

Preis

Eine Einzellizenz für LPs kostet 100 Fr. pro Jahr. Eine Schullizenz mit unbegrenzt vielen Fragen kostet ab 1800 Fr. pro Jahr

Kosten für eine Schullizenz mit 50 Lehrpersonen: 3900 Fr. pro Jahr

exam.net wurde von einem Schwedischen Gymnasiallehrer entwickelt, weil er für seine Mathematik-Prüfungen kein geeignetes Tool gefunden hatte. 

Bei exam.net werden nicht einzelne Aufgaben erfasst, sondern ganze Prüfungen. Es ist also nicht möglich, mit einer Auswahl von Aufgaben verschiedene Prüfungen zu erfassen.

Der grosse Vorteil von exam.net ist, dass für Prüfungen Hilfsmittel angegeben werden können. So lassen sich beispielsweise für Aufsätze die Rechtschreibehilfe ein- und ausschalten. Zudem können für Mathematik-Prüfungen Geogebra und Desmos genutzt werden. Und schliesslich können weitere URLs (Duden, Deepl, etc.)  angegeben werden, die während der Prüfung genutzt werden dürfen.

 exam.net ist durch sein Design sehr geeignet für sichere digitale Aufsätze.

Vorteile

  • Geeignet für Aufsätze
  • Zusätzliche Hilfsmittel können eingebuden werden (Geogebra, Rechtschreibung, zusätzl. Webseiten, etc.)
  • Sehr übersichtliche Benutzeroberfläche
  • Gut geeignet für Mathematik-Prüfungen
  • Eigener Formel-Editor für Antwortfelder

Nachteile

  • Relativ teuer
  • Kein Teilen von Aufgaben möglich
  • Relativ wenige verschiedene Aufgabentypen

Preis

Bei exam.net gibt es keine Einzellizenzen, sondern nur Schullizenzen. Eine Schullizenz kann wärend 75 Tagen getestet werden.

Eine Schullizenz kostet 4155 Euro. Im ersten Jahr gibt es einen grosszügigen Rabatt. Danach berechnen sich die Kosten aufgrund der tatsächlichen Nutzung. Der effektive Preis ist aber meist billiger als 4155 Euro.

Microsoft Forms ist an allen Schulen, die ein Microsoft365 Konto haben, frei verfügbar. Formst ist nicht nur geeignet, um Umfragen durchzuführen, sondern bietet mit „Quiz“ auch die Möglichkeit, das Tool für Prüfungen einzusetzen. Die ganze Verwaltung der Lizenezn – sowohl für Lehrer:innen wie auch für Schüler:innen entfällt.

Bei Forms erstellt man ganze Prüfungen. Eine Aufgabensammlung in diesem Sinne gibt es nicht. Hat man eine Prüfung erstellt, kann diese mit anderen Lerhpersonen geteilt werden.

Die Vielfalt an Fragetypen ist relativ gering, verglichen mit anderen Tools. Dafür ist die Erstellung und die Durchführung von Prüfugen sehr einfach und schnell.

Vorteile

  • Gratis (sofern man ein Microsoft365 Konto hat)
  • Sehr einfach in der Bedienung
  • Einbinden von Mathematik-Formeln ist einfach
  • Schüler:innen kennen die Oberfläche bereits

Nachteile

  • Sehr beschränkte Anzahl von Aufgabentypen
  • Kein Teilen von Aufgaben möglich
  • Automatische Korrektur ist sehr bescheiden

Preis

Für Microsoft Forms fallen keine separaten Kosten an.

Detaillierter Vergleich aller fünf Prüfungstools

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6 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Müller, vielen Dank für Ihren Post über die Prüfungsplattformen. Im Gegensatz zu den Posts Ihres Kollegen Urs Henning über isTest (ebenfalls via Web2Unterricht) empfinde ich Ihren als polemisch und parteiisch und schlecht recherchiert:
    1.) Die zweitägige Weiterbildung, welche Sie erwähnen, beinhaltet auch Themen guter Fragequalität, didaktischer Einsatzmöglichkeiten mit adaptiven Übungen, Verlinkung der Übungen in OneNote und Lerntracking und Vieles mehr. Offenbar haben Sie noch nie an so einer Weiterbildung teilgenommen. Schade, dass Sie so vorschnell ein falsches Urteil abgeben. Viele Lehrpersonen nehmen übrigens isTest ohne Weiterbildung, mit Hilfe des ausführlichen Videotutorials in Betrieb, welches sich auf http://www.istest.ch befindet.
    2.) Auch dass die Schüler-Datenbank von Hand gepflegt werden muss, ist falsch. Sie können alle Schüler:innen-Konto der ganzen Schule mit einem einzigen Excel-Import einrichten und aktualisieren. Schade, dass Sie im eigentlich angesehenen Newsletter von Web2Unterricht solche Falschaussagen publizieren. Zudem arbeiten wir als Partnerfirma mit der Centerboard AG zusammen, welche Ihre Schulverwaltung entwickelt hat und betreibt und die nun sogar eine Anbindung von Nesa (bzw. SchulNetz) an isTest entwickelt, sodass die Schüler-Datenbank dann automatisiert aktualisiert wird und einiges mehr.
    3.) „Schlechte Akzeptanz bei den Schüler:innen“ schreiben Sie. Haben Sie das statistisch erhoben bei den über 100’000 isTest-Nutzenden? Das mag auf Ihre Schüler:innen zutreffen, wobei ich ehrlich gesagt nicht glaube, dass Sie mit isTest arbeiten, denn sonst würden Sie nicht so etwas schreiben. Bei den Schüler:innen der über 100’000 isTest-Nutzenden scheint das nicht der Fall zu sein, sonst würden nicht diesen Sommer ein Viertel der Zürcher Gymnasien isTest bereits bei den Maturaprüfungen einsetzen und die Kantone ZH und BS allen Berufs- und Mittelschulen eine isTest-Gruppe zur Verfügung stellen. Und isTest wäre wohl nicht die meistgenutzte Prüfungsplattform auf Stufe Sek II in der Schweiz.
    Was übrigens – unabhängig von meiner Meinung – auch gegen Ihre Aussage spricht, ist das Ergebnis der einzigen unabhängigen und grossen Prüfungsplattformen-Vergleichsstudie, welche an der PHSG durchgeführt wurde und wo die von Ihnen erwähnten Plattformen (bis Ausnahme von exam.net) auf Herz und Nieren miteinander verglichen wurden und isTest die Nr. 1 wurde mit der Höchstnote und für Schulen empfohlen.
    Man könnte noch viele weitere Vorteile von isTest gegenüber anderen Prüfungsplattformen erwähnen, aber das scheint nicht in Ihrem Interesse zu sein – schade.

  2. Herzlichen Dank für die hilfreiche Zusammenstellung, das ist sehr übersichtlich gelungen!
    Wir haben nun das zweite Jahr mit exam.net mehrere Maturaprüfungen und viele Einzelprüfungen an unserer Schule (1500 SuS) durchgeführt und es hat auch dieses Jahr wieder gut geklappt. Exam.net wird von unseren Lehrpersonen als intuitiv verständlich und einfach handhabbar beurteilt und der Support in Schweden reagiert jeweils innert ein bis zwei Arbeitstagen, falls eine Frage oder ein Problem auftaucht. Das System wurde in den letzten Monaten laufend weiterentwickelt, so wurde z.B. die App für MacOS massiv verbessert. Diejenige für iOS folgt in nächster Zeit. Mac ist sonst bei verschiedenen Systemen etwas heikler, da der Kioskmodus nicht immer problemlos funktioniert.
    Seit zwei Monaten kann man Prüfungen auch mit Lehrpersonen anderer Schulen teilen, so dass auch hier die Flexibilität zunimmt. Für die Maturaprüfungen haben mich vor allem die synchrone Speicherung (Gerät und Server) sowie die Möglichkeit, per QR-Code auch ohne Internet bei einem SuS die Prüfung abgeben zu können, sehr beruhigt. Gibt es weitere Erfahrungsberichte?

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